We use cookies to ensure you get the best experience on our site.More details
search
Anmelden
1. Februar 2020

Was bedeutet "vertieft lernen"?

lernen
Intelligenz
Schule
Erhalten Sie Benachrichtigungen über neue Antworten und Kommentare
checkAls hilfreichste Antwort ausgezeichnet
1. Februar 2020

Vertiefen, um besser zu verstehen
Kognitionspsychologisch gut begründet ist die Aussage, dass immer, wenn Verstehen stattfindet – genauer: wenn jemand subjektiv ein »Verstehenserlebnis« hat –, eine neue Verknüpfung zwischen Wissenselementen (Kognitionen) hergestellt wird. In der Regel wird dabei eine neue Information oder Erfahrung mit vorhandenem Wissen beziehungsweise vorausgehenden Erfahrungen in Beziehung gesetzt. Eine Variante dazu: Zwischen bisher voneinander getrennten Wissenselementen wird eine neue Beziehung gestiftet. Dabei wird häufig nicht nur dem vorhandenen Wissen etwas hinzugefügt, sondern dieses wird im Prozess des Verstehens umstrukturiert.

Konsens besteht in der Verstehensforschung, dass Verstehen mit dem Erleben von Sinn einhergeht. Die geistige Anstrengung, die mit dem Bemühen um Verstehen oft einhergeht, wird von der Suche nach Sinn in Gang gebracht und gehalten.

Ist mir als Lehrkraft daran gelegen, meine Schüler zu einem besseren Verstehen der von mir eingebrachten Unterrichtsinhalte anzuregen, sollte ich also möglichst viele Gelegenheiten bieten und Anreize dafür schaffen, dass sie neue Verknüpfungen mit etwas herstellen, was sie bereits wissen und können.

Vertiefen, um über Gelerntes souveräner zu verfügen
Verstehen hat noch nicht unbedingt zur Folge, dass ich über das Verstandene souverän verfüge, dass ich das neu Verstandene »anwenden« und z. B. ohne Weiteres einsetzen kann, um ganz konkrete Probleme zu lösen. Und darüber hinaus unterliegt – wie alles Gelernte –auch das, was uns im Moment besonders einleuchtend erscheint, der Tendenz zum Vergessenwerden, wenn wir es nicht mehrfach durchdenken, anwenden und damit an der Verstärkung des Ausgangsnetzes arbeiten.

Also auch für die Gewinnung einer souveränen Verfügbarkeit des neu Verstandenen – im Gedächtnis wie in Handlungskontexten – lässt sich das Vertiefen einsetzen, oder noch genauer: ein vertiefendes, auf prinzipiellem Verständnis beruhendes Üben. Ein solches Üben kann seinerseits auch das Verständnis selbst noch einmal weiter vertiefen. Das mit dem Vertiefen verbundene intensive Verankern neuen Wissens und Können mit bereits vorhandenen Kompetenzen lässt sich nicht zuletzt auch für ein Üben fruchtbar machen, das auf Routinierung und Automatisierung zielt. Erfolgreiches professionelles Handeln – egal, ob wir selbstständige Unternehmer, Ärzte, Handwerker, ausübende Musiker oder Spitzensportler in den Blick nehmen – beruht sehr häufig auf der Verbindung von einem grundlegenden Verständnis der berufstypischen Handlungen und Herausforderungen und einer im Alltag enorm entlastenden Handlungsroutine, die den Kopf für die Konzentration auf das erforderliche Tun und das Lösen von Nicht-Routine-Problemen frei macht.

Vertiefendes Üben zur Qualitätssteigerung und Perfektionierung
Eng verwandt mit dem Ziel, über das mit Verständnis Gelernte souverän zu verfügen, ist das, über vertiefendes Üben die Qualität von Kompetenzen zu steigern. Auch hier können wir am Beispiel künstlerischer und sportlicher Profis beobachten, wie das auf höchstem Niveau funktioniert. Wenn im Unterricht vertiefendes Üben zur Qualitätssteigerung eingesetzt werden soll, wäre es verfehlt, sich am Perfektionismus solcher Profis zu orientieren. Was aber durchaus in Ansätzen auf schulische Situationen übertragbar ist, ist die Berücksichtigung des Lustgewinns, der motivierenden Kraft, die vom Erleben des eigenen gesteigerten Könnens ausgeht. Leider kommen im üblichen Unterrichtsalltag die meisten Schüler oft gar nicht so weit, dass sie die beflügelnde Lust, etwas richtig gut zu können, erleben. Ein nicht zu unterschätzendes Problem liegt dabei in der fehlenden Zeit für vertiefende Übungen im Unterricht. Oft werden sie von den Lehrkräften in die Hausarbeiten abgeschoben, für die sich die Kinder und Jugendlichen aufgrund vieler konkurrierender Fächer und Freizeitangebote ebenfalls nicht die Zeit nehmen, die für ein qualitätssteigerndes Vertiefen eigentlich benötigt würde. Die alte pädagogische Weisheit, dass im Zweifelsfall lieber auf Stoff verzichtet werden sollte als auf die Gründlichkeit der Erarbeitung und Einübung, trifft im Blick auf das Vertiefen zur Qualitätssteigerung in besonderem Maße zu.

Dies ist die beste Antwort auf meine Frage
expand_more
Teilen
Bearbeiten